Hamburg (dpa) - Bei der Handball-Bundesliga (HBL) jagt eine Sitzung die
nächste - Ergebnisse zu den angeblichen Bestechungsfällen beim deutschen
Rekordmeister THW Kiel gibt es jedoch nicht. 145 Minuten tagte in Hamburg
der HBL-Aufsichtsrat und war am Ende offenbar so klug wie zuvor.Bild
vergrößern«Wir haben den gesamten Themenkomplex ausführlich diskutiert. Der
Aufsichtsrat sieht weiteren Informationsbedarf», fasste der Vorsitzende
Manfred Werner die Sitzung zusammen und beließ es bei dem dürftigen
Statement. Am Vorabend hatte die Vorstandsspitze der HBL den THW-Manager
Uwe Schwenker zum Sachverhalt befragt, am Mittwoch tagt in Dortmund das
HBL-Präsidium, am Freitag nimmt sich das Präsidium des Deutschen
Handball-Bundes (DHB) bei seiner turnusmäßigen Sitzung des Themas an.Dem
THW Kiel wird vorgeworfen, seit dem Jahr 2000 Europapokal- Spiele
manipuliert zu haben, darunter auch das 2007 gewonnene Finale in der
Champions League gegen die SG Flensburg-Handewitt. Dabei sollen die
polnischen Schiedsrichter bestochen worden sein. Von Summen bis zu 50 000
Euro ist laut Zeitungsberichten die Rede. Der THW bestreitet das vehement.
«An den Vorwürfen ist nichts dran. Der THW hat keine Spiele manipuliert»,
sagte THW-Manager Schwenker nach der Befragung. Es gebe «in keinster Weise
Anhaltspunkte» für solche Vorwürfe. «Ich bin froh, wenn diese Geschichte zu
den Akten gelegt wird.» Schwenker erhielt von HBL-Präsident Reiner Witte
Schützenhilfe. «Belastbare Tatsachen liegen nicht vor», lautete das Fazit
von Witte nach der Sitzung.Bislang beruht die angebliche Affäre
ausschließlich auf Gerüchten, die dem HBL-Aufsichtsratsmitglied Dieter
Matheis, zugleich Beiratsvorsitzender von Kiels Liga-Rivalen Rhein-Neckar
Löwen, «zu Ohren gekommen» seien. Daraufhin schrieb Matheis Schwenker einen
Brief und forderte ihn zur Stellungnahme binnen einer kurzen Frist auf. Als
Gerüchtestreuer wird nach Hinweisen Matheis' der in Kiel vor Beginn dieser
Saison entlassene Trainer Zvonimir Serdarusic vermutet, mit dem sich
Schwenker aus privaten Gründen überworfen hatte und der bei den Löwen im
Sommer eigentlich Cheftrainer werden sollte. In der vergangenen Woche
hatten die Rhein-Neckar Löwen aber überraschend die Auflösung des Vertrages
mit Serdarusic bekanntgegeben.Die zweite Krisensitzung am Dienstag hat
viele ratlose Gesichter hinterlassen. «Der Sachverhalt ist nicht geklärt.
Wir wissen nicht, ob Bestechung vorliegt. Es sind keine Beweise da», sagte
Aufsichtsratsmitglied und HSV-Präsident Andreas Rudolph. Zur Ehrenrettung
Schwenkers fügte er an: «Ich habe Uwe Schwenker als Sportsmann
kennengelernt. Er hat das Versprechen abgegeben, dass der THW Kiel und er
nicht involviert sind.» Spieler und Trainer der «Zebras» wollten vor dem
Training am Tag vor dem Bundesligaspiel gegen den VfL Gummersbach am
Mittwoch keine Stellungnahme abgeben.Mit Entsetzen haben die polnischen
Schiedsrichter Marek Goralczyk und Miroslaw Baum auf die
Bestechungsvorwürfe im Champions-League-Finalrückspiel am 29. April
20072007 reagiert. «Jeder macht Fehler, ich auch. Aber nicht für 50 000
Euro», sagte Goralczyk der Tageszeitung «B.Z.». «Nie im Leben» habe er Geld
bekommen, der THW Kiel sei auch nicht auf ihn zugekommen, betonte
Goralczyk. Sein damaliger Partner Baum wird im «Flensburger Tageblatt» mit
den Worten zitiert: «Nein, um Gottes Willen. Das alles ist ein großer
Schock für mich. Seitdem ich von dem Vorwurf weiß, bin ich psychisch
angeschlagen.» Er habe gute Erinnerungen an das Spiel. In der einzig
strittigen Szene bei Kiels 29:27-Sieg hatte der Flensburger Kapitän Joachim
Boldsen die Rote Karte (19. Minute) gesehen.Unterdessen hat die Europäische
Handball-Föderation (EHF) Kontakt zu den Referees aufgenommen. «Wir haben
mit den Schiedsrichtern gesprochen, um uns abzustimmen und Informationen
auszutauschen», sagte Markus Glaser, Spielleiter für die
Europacup-Wettbewerbe. Nach Angaben des Sprechers des Polnischen
Handball-Verbandes habe der europäische Dachverband den Unparteiischen
geraten, keine weiteren Erklärungen abzugeben, bis die EHF offiziell
Stellung bezogen habe. Die EHF hat noch nicht entschieden, ob sie tätig
wird. «Wir möchten erst reagieren, wenn die Beratungen abgeschlossen sind»,
sagte Glaser. Dem deutschen Handball ist jedenfalls schon jetzt nur auf der
Basis von Gerüchten ein immenser Imageschaden entstanden.
Wednesday, March 4, 2009
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